KERSTIN KILANOWSKI
TRAINERIN INTERKULTURELLE KOMMUNIKATION | JOURNALISTIN - AUTORIN
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Meine Reportagen sind geprägt durch eine ruhige Nähe zu den GesprächspartnerInnen “vor Ort”. Zeit lassen, beobachten, eigene Vorstellungen hinterfragen. Mit den Akteuren meiner Geschichten ein Stück ihres Alltags teilen. Jene zu Wort kommen lassen, die keine “Stimme haben”, die Unbekannten, “Namenlosen”.

Veröffentlichungen u.a. in
Stern, Brigitte, Greenpeace Magazin, Hör Zu, Freundin, Frankfurter Rundschau, Tagesspiegel, TAZ, Freitag, Rheinischer Merkur, entwicklungspolitischen Magazinen, Deutsche Welthungerhilfe, ADAC-Reisemagazin, Globo, Abenteuer und Reisen.

 

Auszüge aus den Artikeln:
Vom Winde verweht - Bodenerosion in Senegal»
in: Frankfurter Rundschau, nominiert für UNCCD Media Award 2000

Ruckedieguh, Blut ist im Schuh” (Der manipulierte Frauenkörper)
in: FREITAG, 1998

“Ohne Mann bist du gesellschaftlich ein Nichts”
ADAC Reiseverlag

Die schnellen Frauen von Jinja (Fahrradprojekt für Frauen/Uganda)»
in: Brigitte 8/2002

“Schutz vor dem Blutvergießen” (Genitalverstümmelung in Hamburg)
in: Stern

Mama Sanes weißes Kleid (Portrait einer Beschneiderin in Gambia)
in: Südwind, Frankfurter Rundschau, NRZ

Unter Bäumen träumen (Fahrradtour durch Brabant)
in: ADAC-Reisemagazin Niederlande 2003

Unbezwingbare Inseln im Wolkenreich (Reisereportage Südvenezuela)»
in: Globo

Die Toten beobachten das Leben, geben ab und zu einen Rat (Eine Reise zu den Ureinwohnern Balis)»
in: ADAC-Reisemagazin

Glosse: Führerschein mit 11! (gesendet im SFB)
(Text kann auf Anfrage zugeschickt werden.)
Themenbezug: Fahrerlaubnis für jugendliche Fahrer


….Der Bauer Pathé Ly wehrt sich. Er schleppt Steine auf sein Feld.
Die Bewohner von Aynoumadi schütteln den Kopf. Steine auf ein verdorrtes Feld zu tragen, das ist das Werk eines Verrückten. Was sie nicht wissen oder nicht verstehen wollen: Pathé hat mit Hilfe und Beratung von Experten der Deutschen Welthunger-hilfe den Kampf gegen die Bodenerosion aufgenommen. Er wird seine Felder nicht der Unabänderlichkeit von Regen und Wind opfern. Schräg zum Hang, dicht an dicht, legt er Steine zu kleinen Wällen an, nutzt dabei das leichte Gefälle des Geländes. Zwei Männer aus dem Dorf machen mit, als sie sehen, daß der Wind nicht nur Erde fortbläst, sondern auch neue Krume mit sich bringt. Vor den wenigen Zentimeter hohen Steinwällen sammeln sich Sand, Strohreste, dürre Zweige. Millimeterweise, Tag für Tag. Der Boden kehrt zurück. (…) In der nächsten Regenzeit herrscht das übliche Bild der Zerstörung: Die Regengüsse reißen weitere Löcher und Rinnen in den Boden, das Wasser spült das ausgetrocknete Land weg, ohne ihm die lebensnotwendige Feuchtigkeit zuzuführen.

Außer auf den Feldern von Pathé Ly und seinen Mitstreitern.

Die primitiven Steinwälle, kaum noch erkennbar zwischen den herangewehten pflanzlichen Überresten, halten das Regenwasser zurück. ….


…..Akkurat walzt Giradesi in ihrer verräucherten Steinhütte den Teig aus, belegt kleine Fladen mit Gemüsefüllung, wirft die Samosas ins siedende Öl. Pausen-Snacks, die sie an die Kinder und Lehrer der Schule im Nachbarort verkauft. Spätestens um zehn Uhr muß sie dort sein, will sie nicht riskieren, ihre Kundschaft an die Konkurrentin mit den süßen Fettkrapfen zu verlieren. Giradesi muß sich sputen, mal wieder. Ach, hätte sie doch noch ihr Fahrrad, gestiftet von ‘FABIO’ für ihr Engagement im Frauengesundheitszentrum. Ein fabrikneues Rad, nicht dieses klapprige Vehikel, das sie sich für die Rallye in Bulamagi ausleihen mußte. “Wir Frauen sind wie ein alter Stuhl. Wenn man ihn nicht mehr braucht, stellt man ihn vor die Tür”, sagt Giradesi, während sie mit der schweren Schüssel auf dem Kopf im Eilschritt die lange, heiße Asphaltstraße zur Schule läuft. Eine halbe Stunde zu Fuß, mit dem Fahrrad wären es nicht mal zehn Minuten.

Öltransporter donnern an ihr vorbei, Buschtaxis, Überlandbusse, die von Nairobi nach Kampala unterwegs sind. Am Rande der zerlöcherten Straße traktieren Bauern und Händler ihre Fahrräder, bis zum Himmel beladen mit Bananen, Kanistern oder Ziegelsteinen. Wer einen Motor unterm Hintern hat, ist hier König. Wer ein Fahrrad sein eigen nennt, hat noch Hoffnung. Wer gar nichts hat, geht zu Fuß. Das sind fast immer die Frauen.

Die Abgase brennen im Schlund, die Sonne bohrt ein Loch in den Kopf, und der Weg zieht sich endlos. Giradesi kommt gerade noch rechtzeitig, als der Lehrer auf einer ausrangierten Autofelge das Zeichen für die Pause schlägt…..


…..Für die Niemandsland-Bewohner zwischen der Gran Sabana und dem brasilianischen Regenwald ist Santa Elena das magische Zentrum aller Begehrlichkeiten. Letzte Tankstelle vor der Grenze, letzte Striptease-Lokale für ausgehungerte Mineros, letzte Läden mit Gummischlappen, Macheten und Konservendosen. Da verwundert es auch nicht, daß die Menschen hier von einem ganz besonderen Schlag sind: heldenhaftes Brusthaar, sonnenverblichene Locken, braune Muskeln unter zerrissenem Hemd, überschminkte Rubinlippen und knallenge Miniröcke. Wildentschlossene Expeditionsleiter, wildentschlossene Mineros, hartgesottene Huren – und alle träumen vom großen Geld. Wir wollen nach El Pauji, in einen Ort, den es eigentlich gar nicht gibt. Die Experten schütteln bedenklich den Kopf.

Schlammverkrustete Jeeps, Lastwagen und Schlepper kommen uns entgegen. Manche lächeln nachsichtig, andere winken resigniert ab. Irgendwann stehen auch wir vor dem schwarzen Schlachtfeld. Kein Ratschlag der Trucker hilft. Wir sinken ein in den fließenden Boden, mahlen uns bis zur Achse fest. Spaten und Spitzhacken kommen zum Einsatz.

Stunden vergehen, Seile reißen…..


… Dass ein besonderes Ereignis ansteht, hören wir schon von weitem. Der Tempel bebt. Gunawan und seine Gamelan-Gruppe glänzen vor Schweiß. Eisenhämmerchen klirren, Becken scheppern, die riesigen Gongs versetzen die Luft in Schwingungen. Die verzahnten Melodien, die flirrenden Rhythmen schaffen eine hypnotische Stimmung. Urplötzlich springt ein alter Mann mit wallendem Haar und nacktem Oberkörper in den Tempelhof. Sein durchtrainierter, sehniger Körper könnte einem Yoga-Meister gehören. Die Tänzerinnen schreien auf. Der Alte schüttelt sich und bebt. Und hier kommt Kumang, in einen kostbaren Sarong gewickelt, mit zeremoniellem Stirntuch und d´reicht dem Alten, seinem Vater, zwei Dolche. Der lehnt sich mit ganzer Kraft in die Metallspitzen, bäumt sich auf, bohrt das Eisen in die Burst. Kein Tropfen Blut fließt.
Nur alte Leute mit schlichtem Gemüt und reinem Herzen können ein Medium für die Kris-Trance sein. Kumangs Vater ist so ein Mensch. Seine Unverletzbarkeit während der Trance ist ein Zeichen, daß die Götter im Tempel Platz genommen haben….